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Von #1 bis heute: So schreibe ich mich durch die schlimmste europäische Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.

#9 Eine zweite Kopernikanische Wende

#9 Eine zweite Kopernikanische Wende

Sonntag, März 23, 2025

Im letzten Post habe ich mit dem Thema «Wahrnehmung versus Perspektive» aufgehört und mehr dazu versprochen.

Ich bin über das Video eines amerikanischen Influencers gestolpert, möglicherweise eines Ex-CIA-Manns, der Spionage-Tricks zur Selbstentwicklung verklickert. Wahrscheinlich mit Vorsicht zu geniessen. Sein Rat, dass man eine Krise besser versteht und meistert, wenn man die eigene Befindlichkeit verlässt und die Perspektive wechselt, ist eine nützliche Erkenntnis.

Nun scheint sich in Europa ein eben solcher Perspektivenwechsel zu vollziehen. Aber in die umgekehrte Richtung: weg vom Anderen (USA), hin zu sich selbst. Tatsächlich besteht die Gefahr, sich in die eigene Befindlichkeit flüchten und dem Trumpschen Weltbild ein stupides Europe First «entgegen» zu setzen. Das wäre ein Sieg der extremen Rechten. Es besteht aber auch die Chance, dass wir jetzt wieder anfangen, in Perspektiven zu denken.

Was wir brauchen, ist eine neue – der Begriff mag etwas pompös erscheinen – "Kopernikanische Wende". Im 16. Jahrhundert entdeckte Europa, dass die Erde nicht im Zentrum des Universums stand: also nicht dort, wo Gott sich aufhalten musste. Die Europäer fühlten sich verdammt alleingelassen. Vielleicht lässt sich die aktuelle Situation sogar noch besser mit jenem Moment vergleichen – siehe Bild – in der die Europäer herausfanden, dass die Welt nicht platt, darüber kein schützender Dom und dahinter nur göttliche Kraft war.

Die schützende Glocke Amerika ist weg. Europa ist allein. Aber hier liegt unsere Chance. Anfangs der 90er Jahre, nach dem Ende des kalten Kriegs und der Auflösung der UdSSR, hiess es noch, eine multi- würde die bipolare Welt ersetzen. Die USA verhielten sich aber bald so, als gäbe es nur noch eine «Supermacht». Die Europäer räkelten sich im Licht dieser Macht.

In Wirklichkeit ist die Weltordnung heute tatsächlich eine multipolare. Und in dieser kann Europa einen eigenständigen, angemessenen Platz einnehmen – sprich, eine Perspektive, welche die Welt so sieht, wie sie ist: ein Gefüge von unterschiedlichen Teilen, das am besten funktioniert, wenn die Teile ein grösseres Ganzes sein wollen als bisher.

Fortsetzung folgt.

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